Die Insolvenz der Silicon Valley Bank (SVB) sorgt weiterhin für Turbulenzen. Am vergangenen Freitag übernahm das kalifornische Ministerium für Finanzschutz und Innovation (DFPI) nach massenhaftem Abzug von Kundeneinlagen am Vortag die Kontrolle über die Institution und übernahm ihre Geschäfte. Jetzt zittern insbesondere Start-ups um ihre unbesicherten Einlagen in Millionenhöhe und ihre Zukunft.
Die Silicon Valley Bank besteht seit 40 Jahren und gilt als die 16. größte Bank der USA. Mit Gesamtvermögen von 209 Milliarden US-Dollar ist sie etwa zehnmal so groß wie die Stadtsparkasse München. Die Kunden der Bank sind hauptsächlich Technologieunternehmen, Start-ups, Risikokapitalgeber und Investoren, die oft verlangten, dass Start-ups ihr Geld während Finanzierungsrunden bei SVB "parken". Dies hat dazu geführt, dass die Bank jetzt effektiv bankrott ist.
Am Donnerstag zogen SVBs Kunden insgesamt 42 Milliarden US-Dollar ab und verursachten damit die Insolvenz der Institution. Am Ende des Tages fehlten der Bank etwa 958 Millionen US-Dollar in bar. Diese Informationen stammen aus der Verfügung des kalifornischen Ministeriums für Finanzschutz und Innovation (DFPI), das die Bank am Freitag für insolvent erklärte und ihre Geschäfte übernahm.
Technologiefonds wie Peter Thiels Founders Fund, Coatue Management und Union Square Ventures hatten ihre Partner aufgefordert, am Donnerstag ihre Einlagen abzuziehen. SVB hält Geschäfts- sowie Gehaltskonten für Mitarbeiter im Silicon Valley. Vor den Filialen der Bank bildeten sich lange Schlangen.
Investoren befürchten einen Dominoeffekt nach der Insolvenz der Silicon Valley Bank (SVB) mit möglichen Auswirkungen auf die Start-up-Szene und andere Banken. Betroffene Bankkunden fragen sich ängstlich, wann sie ihr Geld zurückbekommen werden. Trotz Bemühungen der Behörden und der US-Regierung, die Lage zu stabilisieren, gibt es in Silicon Valley die Sorge, dass zahlreiche Start-ups mit SVB in den Abgrund gezogen werden könnten.
Hintergrund des Zusammenbruchs
Die Ursache für den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank waren Zweifel an ihrer Liquidität. Am Mittwoch gab die Bank überraschend bekannt, dass sie einen Anlageverlust von rund 1,8 Milliarden US-Dollar mit der Ausgabe eines neuen Aktienpakets im Wert von 1,75 Milliarden US-Dollar ausgleichen wollte. Ein Finanzinvestor sollte zudem Stammaktien im Wert von 500 Millionen US-Dollar übernehmen. Diese Nachricht führte zu einem 60-prozentigen Einbruch des Aktienkurses der SVB Financial Group und hatte Auswirkungen auf den gesamten Bankensektor. Die SVB hatte jedoch bereits zuvor mit Problemen zu kämpfen. Die Erhöhung der US-Leitzinsen und ihre Spezialisierung auf die Startup-Szene führten dazu, dass die Kunden weniger Kredite nachfragten und stattdessen ihre eigenen Reserven nutzten. Dadurch zogen sie ihr Geld von der Bank ab. Moody's, die Rating-Agentur, hatte auch eine mögliche Abwertung der SVB in Betracht gezogen. Die Bank versuchte mit "strategischen Maßnahmen" einen Liquiditätsengpass zu vermeiden, indem sie fast alle verkaufsfähigen Anleihen im Wert von 21 Milliarden US-Dollar abstoß und einen Verlust von 1,8 Milliarden US-Dollar in Kauf nahm. Die SVB wollte dieses Minus durch die Ausgabe neuer Aktien ausgleichen, was jedoch den Kursrutsch auslöste. Am Freitag bestätigte Moody's schließlich die befürchtete Abwertung. Die SVB ist nun die größte US-Bankenpleite seit dem Zusammenbruch der Washington Mutual im Jahr 2008.
Auswirkungen auf Robotik Start-Ups
SVB war bereit, ein Risiko einzugehen und finanzierte deshalb auch RaaS (Robotic-as-a-Service). Dies geht aus einem 2020 veröffentlichten Bericht der Bank hervor,der hier als PDF heruntergeladen werden kann. Der Bankausfall könnte sich zu einem größeren Problem für den Start-up-Sektor entwickeln. Während Einlagen gesetzlich bis zu 250.000 US-Dollar versichert sind, hatten viele Geschäftskunden Millionen bei der Bank - was von ihnen jetzt übrig bleibt, bleibt abzuwarten. Für Start-ups könnte dies bedeuten, dass sie die nächste Runde von Gehältern nicht mehr bezahlen können. Es gibt jetzt auch kein Geld mehr für das operative Geschäft. Insbesondere junge Start-ups werden es aufgrund des sich verlangsamenden Tech-Booms und höherer Zinsen schwer haben, eine Anschlussfinanzierung zu sichern.
Deutsche Start-ups betroffen
Auch deutsche Start-ups sind von der Insolvenz betroffen, berichtet das Handelsblatt. Darunter sind laut Bericht Unternehmen wie HelloFresh und Lilium. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestätigte dem Wall Street Journal, dass sie mit der deutschen Tochtergesellschaft von SVB in Kontakt stehe.
Dominoeffekt befürchtet
Die Insolvenz von SVB könnte hunderte von kleinen Tech-Unternehmen mit sich ziehen, warnt Garry Tan, Präsident des Start-up-Inkubators Y Combinator, vor einem Dominoeffekt auf dem US-amerikanischen Sender CNBC. Er schätzt, dass mehr als 1.000 Start-ups von dem Bankversagen betroffen sind und etwa ein Drittel von ihnen bald existenzielle Schwierigkeiten haben wird, wenn sie nicht an ihr Geld kommen.
US-Regierung versucht zu beruhigen
In Washington versucht die US-Regierung daher, die Situation zu beruhigen. Am Freitag berief US-Finanzministerin Janet Yellen ein Notfalltreffen mit den beteiligten Behörden ein. Sie habe "volles Vertrauen, dass die Bankenregulierungsbehörden die richtigen Maßnahmen ergreifen", sagte Yellen am Freitag. Regierungsberater für Wirtschaftsfragen wiesen auf neue Regeln hin, die nach der Krise von 2008 eingeführt wurden, um das Bankensystem insgesamt weniger anfällig zu machen.
Die Auswirkungen auf den Start-up-Sektor werden noch einige Zeit zu spüren sein, und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird. Eine mögliche Lösung könnte sein, dass andere Banken sich an der Übernahme von SVB beteiligen und damit zumindest einen Teil der Verluste ausgleichen. Für viele Start-ups und den gesamten Tech-Sektor bleibt die Situation unsicher und herausfordernd.