Die Vision ist groß: Das Bionic Intelligence Center Tübingen-Stuttgart (BITS) will in den nächsten Jahren durch seine Forschung Menschen helfen, die einen Schlaganfall erlitten haben oder an Parkinson leiden. Am Dienstagabend fand die offizielle Eröffnung statt. Zwischen Stuttgart und Tübingen, genauer gesagt in der Gemeinde Böllingen im Landkreis Böblingen, trafen sich etwa 100 Forschende, Politiker und Mitglieder des Zentrums zur Eröffnung.
Unterstützung bei der Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems und psychischen Erkrankungen
Das interdisziplinäre Forschungszentrum wurde 2023 gegründet. Wissenschaftler der Universitäten Stuttgart und Tübingen sowie des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme und Biologische Kybernetik arbeiten hier zusammen. „Unsere Idee ist es, verschiedene Disziplinen miteinander zu verbinden. Chemiker und Ingenieure müssen ganz selbstverständlich mit Ärzten sprechen“, sagt BITS-Sprecherin Sabine Ludwigs.
Bionische Systeme finden sich überall im Alltag. Der Klettverschluss am Rucksack ist zum Beispiel von Kletten inspiriert. Die Saugnäpfe von Tintenfischen dienten als Vorbild für technische Saugnäpfe. Beide Erfindungen stammen aus der Tier- und Pflanzenwelt. Die BITS-Forschenden wollen noch weiter gehen.
„Wir wollen die Grenzen des Möglichen überschreiten“, sagt Sin Schmitt, ein weiterer Vertreter des Forschungszentrums. Ziel ist es, mit biologischer Robotik neue Wege zur Behandlung neurologischer und psychischer Erkrankungen zu erforschen.
Die Forschung geht in verschiedene Richtungen – zum Beispiel, wie man in Zukunft Menschen mit Tremor besser helfen kann. Dafür hat das Team einen Roboterarm mit zwei künstlichen Muskeln am Unterarm entwickelt. Mit diesen künstlichen Muskeln können die Wissenschaftler ohne langwierige klinische Tests feststellen, ob sie stark genug sind, um das Zittern zu unterdrücken. Die künstlichen Muskeln könnten schon in wenigen Jahren für viele Patienten eine Alternative zu Medikamenten oder komplizierten Operationen darstellen.
Mikroroboter könnten Schlaganfallpatienten helfen
Ein anderes Projekt von BITS beschäftigt sich mit Mikrorobotern, die dünner als ein Fünftel eines Haares sind. Diese Roboter könnten bei Schlaganfall- oder Parkinson-Patienten helfen, indem sie bestimmte Bereiche des Gehirns gezielt stimulieren. Eine Seite der Mikroroboter ist magnetisch, sodass sie von außen gesteuert werden können.
„Wir hoffen, dass wir mit diesen Mikrorobotern – also Robotern im Körper – eine hohe Präzision bei der Hirnstimulation erreichen können“, sagt Martin Giese, Neurobiologe an der Universität Tübingen. Bis Mikroroboter das menschliche Gehirn stimulieren können, wird es jedoch noch mindestens zehn Jahre dauern.
Die Herausforderung bei der Forschung besteht laut Sin Schmitt darin, dass der Mensch diese neuen Systeme stets steuern muss. Weltweit kann das neue Zentrum mit großen Forschungsinstituten wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA mithalten. „Jetzt müssen wir beweisen, dass wir unser Versprechen einlösen können“, sagt Schmitt.
Eines ist klar: Robotik und künstliche Intelligenz können Teile der Medizin grundlegend verändern. Dafür werden in Baden-Württemberg neue künstliche Muskeln und Mikroroboter entwickelt.